- Das historische Fiskalpaket in Deutschland sowie steigende Staatsausgaben im Euroraum, insbesondere für Verteidigung, dürften sowohl zu mehr Wirtschaftswachstum als auch zu mehr Inflation führen. Darauf muss die Geldpolitik reagieren. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) geht in einer aktuellen Studie von einem Anstieg des für Konjunktur und Inflation neutralen Leitzinsniveaus der Europäischen Zentralbank (EZB) um bis zu 50 Basispunkte auf ein Niveau von 2,25 bis 2,75 Prozent aus. Ein höherer neutraler Zins bedeutet gleichzeitig weniger Spielraum für Zinssenkungen, ohne zusätzlichen Inflationsdruck auszulösen. „Die Spielräume für weitere Zinssenkungen der EZB sind erschöpft. Die auf Jahre hinaus stark expansiv ausgerichtete Fiskalpolitik im Euroraum bedeutet eine grundlegende Veränderung der Wachstumschancen, aber auch der Inflationsrisiken“, erläutert Dr. Andreas Bley, Chefvolkswirt des BVR.
„Die Währungshüter sollten auf der kommenden Ratssitzung am 17. April 2025 die Leitzinsen unverändert bei 2,5 Prozent lassen und eine Zinspause bis zum Herbst in Aussicht stellen“, so Bley. Bis dahin dürften sich die Finanzpakete in Deutschland und dem Euroraum konkretisieren und ihre Wirkungen auf die Inflation besser abschätzen lassen. Bereits unmittelbar nach der Ankündigung des Maßnahmenpakets waren die Zinserwartungen im Euroraum deutlich gestiegen.
Im EZB-Rat wird nach einer Reihe von Zinssenkungen diskutiert, wie weit die Geldpolitik im Euroraum noch vom neutralen Zinsniveau entfernt ist. Diese theoretische Größe entspricht dem Niveau, bei dem die Geldpolitik weder bremsend noch beschleunigend auf Konjunktur und Inflation wirkt. Vieles deutet darauf hin, dass dieses Niveau in den letzten Jahren gestiegen ist. Hierzu zählen höhere schuldenfinanzierte staatliche Ausgaben für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz. In die gleiche Richtung wirkt die voranschreitende De-Globalisierung in Form von Zöllen, anderen Handelshemmnissen und der Umstrukturierung von Lieferketten sowie der hohe Arbeitskräftemangel. Alle diese Faktoren haben höhere Inflationsrisiken zur Folge und üben einen Aufwärtsdruck auf den neutralen Zinssatz aus. Der Verkauf von Staatsanleihen durch die EZB im Zuge der Rückführung der in der Niedrigzinsphase angekauften Anleihebestände wirkt ebenfalls in diese Richtung.
Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR) Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR)